Gut geerbt

Vorbei sind die Zeiten, als Erben bei der Annahme einer Erbschaft richtig zur Kasse gebeten wurden. Waren sie keine Residenten, mussten sie oft über  30 Prozent Erbschaftssteuer zahlen. Das hieß: Bei einem Haus,  das eine Million wert war, wurden über 300.000 Euro Erbschaftsteuer fällig. Gleiches bei Schenkungen. Damit ist Schluss. Und: Wer in den vergangenen Jahren zu hohe Steuern bei  Erbschaft oder Schenkung bezahlt hat, kann das Geld zurück  fordern! Steuerberaterin Kathrin Thedens (Kanzlei Thedens, Ibiza) hat die Einzelheiten.

Endlich wurde nun die bestehende Diskriminierung von Nichtsteueransässigen bei Erbschaften und Schenkungen gesetzlich abgeschafft. Nicht-Steueransässige der Balearen kommen nun in den Genuss der Steuervergünstigungen der Balearen, sofern die zu vererbende oder zu verschenkende Immobilie sich auf den Balearen befindet oder der Erblasser oder Erbe seinen letzten Wohnort auf den Balearen nachweisen kann.  Was ist der Unterschied zwischen Schenkung und Erbschaft?

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Eine Schenkung findet unter Lebenden statt, während eine Erbschaft nach dem Ableben des Erblassers erfolgt.  Auf den Balearen beträgt die Steuer für alle Direktverwandten bei Erbschaften 1 Prozent, bei Schenkungen beträgt 7 Prozent.   Selbst die kommunalen Freibeträge können bei Erbschaften nun in Anspruch genommen werden. Desgleichen können Nichtverwandte bei Schenkungen und Erbschaften die minderen Steuersätze anwenden.

Was tun, wenn man geerbt hat?

Erben sind gesetzlich verpflichtet, eine Steuererklärung der notariellen Erbschaftsannahme über die in Spanien gelegenen Vermögenswerte des Erblassers wie Immobilien, Bankkonten, Wertpapiere, in Spanien zugelassene Boote und Autos, als auch spanische Lebensversicherungen innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Todesfall des Erblassers oder von dem Tage der Kenntnis, dass der Erblasser verstorben ist, beim zuständigen spanischen Finanzamt abzugeben. Wird die Frist überschritten, haben die Erben einen Aufschlag in Höhe von 20 Prozent auf die abzuführende Steuer zu zahlen. Bei Schenkungen beträgt die gesetzliche Einreichfrist der Steuererklärung einen Monat, ab Erstellung der Schenkungsurkunde.

Regionale Unterschiede

Der Nachweis der Erbschaftsannahme ist die notarielle Erbschafts-Annahmeerklärung mit der gezahlten Steuer, die die Übertragung auf die Erben im Grundbuch, bei den Banken und Behörden überhaupt erst ermöglicht. Erst nach Zahlung der Erbschaftssteuer und Erstellung der notariellen Erbschaftsannahme wird die Immobilie des Erblassers auf die Erben im zuständigen Grundbuch umgeschrieben. Die Erbschaftssteuer bei Nicht-Steueransässigen in Spanien ist in Madrid zu liquidieren. Während, wenn Erbe und Erblasser in Spanien steueransässig sind, in dem regionalen Finanzamt, in dem der Erbe steueransässig ist, zu zahlen ist. Übrigens: Jede Region in Spanien (Comunidad Autonoma) hat ihren eigenen Erbschaftssteuersatz und ihre eigenen Freibeträge.

Neue EU-Erbschaftsverordnung ab August

Die Erbfolge richtet sich bis zum 17. August 2015 zwar nach der Nationalität des Erblassers, aber die rechtliche und steuerliche Abwicklung des Erbfalls nach den spanischen gesetzlichen Erfordernissen. Die in Spanien vorhandene Erbmasse ist zunächst in Spanien zu versteuern. Ob im Heimatland weitere Erbschaftssteuer anfällt, hängt von den Steuergesetzen des Heimatlandes ab. Zu beachten ist, dass am 17. August 2015 die neue europäische Erbrechtsverordnung (Verordnung EU Nr. 650/2012, EU-Erb VO) in Kraft tritt, nach der bei grenzüberschreitenden Erbfällen das Wohnsitzprinzip gilt. Das bedeutet, dass die Erbfolge und der gesamte Nachlass des Verstorbenen, nach den Gesetzen des Staates abgewickelt wird, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei gerichtlichen Erbauseinandersetzungen sind die Gerichte des Landes des letzten Wohnsitzes des Verstorbenen zuständig, außer der Erblasser hat in seinem Testament oder Erbvertrag das anzuwendende Erbrecht (also deutsches oder spanisches Erbrecht) bestimmt.

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Testamente prüfen

Daher sollten Testamente überprüft werden, so dass es zu keinen großen Überraschungen für die Erben kommt, sollte der Erblasser seinen Lebensabend im Ausland verbracht haben. Eine solche Rechtswahl kann auch bereits jetzt, also vor der Anwendung der EU-Erbrechtsverordnung, in Testamenten getroffen werden. Und wichtig: Bei der Neuerstellung eines Testaments sollten immer bestehende Testamente und Erbverträge rechtlich überprüft werden, denn oft limitieren oder annullieren bestehende Erbverträge, die Erstellung neuer Testamente, sofern einer der Vertragspartner verstorben ist.

Diese Unterlagen sind notwendig

Um vor einem spanischen Notar eine Erbschaft anzunehmen, müssen folgende Dokumente vorgelegt werden:

  • die internationale Sterbeurkunde mit einer Apostille (Stempel) versehen.
  • das spanische Testament des Erblassers, welches Ihnen Ihr Rechtsanwalt, Sachverständige oder spanische Notar besorgt.
  • der Erbschein mit beglaubigter Übersetzung und mit Apostille versehen, Erbscheine müssen beim zuständigen Nachlassgericht förmlich beantragt werden. Dieser Antrag kann direkt beim Gericht zur Niederschrift des Urkundsbeamten oder bei einem deutschen Notar oder, wenn der Erbe sich im Ausland aufhält, bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung aufgenommen und beurkundet werden. Ist ein notarieller Erbvertrag vorhanden, reicht dieser oft mit einer Apostille versehen, aus.
  • Bestätigung des Madrider Zentralregisters für Testamente (Registro de Últimas Voluntades), welches Ihnen Ihr Rechtsanwalt, Sachverständige oder spanische Notar besorgt.
  • bei Immobilienbesitz die notarielle Erwerbsurkunde (Kauf-urkunde) des Erblassers. f) bei Bankkonten, das Zertifikat der Bank über den Kontostand am Tag des Versterbens des Erblassers.
  • der letzte Grundsteuerbeleg bezüglich der Immobilie des Erblassers mit den Katasterwerten (recibo de contribución).

Für eine Schenkung benötigen Sie:

  • Die Kopie der notariellen Kaufurkunde und des letztgezahlten Grundsteuerbelegs.

Geschäftswert legen die Erben fest

Der Geschäftswert der notariellen Annahmeerklärung wird nicht vom Notar festgesetzt, sondern von den Erben. Ihnen ist zu empfehlen, in Bezug auf den Wert der Erbschaft einen fachlichen Rat einzuholen. Bei Immobilienbesitz ist nach Art. 9 des spanischen Erbschafts- und Schenkungsgesetzes als Bemessungsgrundlage für den Wert der Immobilie der tatsächliche „Marktwert“ abzüglich der Belastungen und Schulden zugrunde zu legen. Sollte nach der Erbschaftsannahme die Immobilie verkauft werden, hat der Immobilienwert in der notariellen Erbschaftsannahme dem Verkaufspreis der notariellen Verkaufsurkunde zu entsprechen. Desgleichen bei Schenkungen. Das spanische Finanzamt hat die rechtliche Möglichkeit, innerhalb von vier Jahren nach der Schenkungs- oder Erbschaftsannahmeerklärung, den in der Notarurkunde angegebenen Wert zu revidieren und eine Nachversteuerung vorzunehmen. Deshalb ist es sinnvoll, sich den Rat eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters für die Findung des Wertes einzuholen, der für die Immobilie bei Erstellung der notariellen Erbschaftsannahme angesetzt werden kann. Das gilt für die Erstellung aller Notarurkunden, denn in Spanien ist der Marktwert und nicht ein Verkehrswert zu beurkunden.

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Guter Rat ist wichtig

Ferner sollte die notarielle Erbschaftsannahme von Sachverständigen in ausländischen Erbschaften notariell begleitet werden, da sich spanische Notare nur in spanischem Erbrecht auskennen. Oft musste ich ausländische Erbschaften, die von einem spanischen Notar vorgenommen wurden, berichtigen, da plötzlich Pflichtteil-Ansprüche im spanischen Grundbuch eingetragen wurden, was nach spanischen Erbrecht legitim ist. Die Pflichtteil-Ansprüche wurden als Belastungen eingetragen, wodurch die Immobilie sozusagen unverkäuflich wurde. Bei einem Immobilienkauf könnte es sinnvoll sein, dass die Kinder die Immobilie direkt erwerben und die Eltern sich ein Nutzungsrecht oder ein lebenslanges Wohnrecht an der Immobilie sichern. Vorsorglich könnten sich die Eltern bei einem derartigen Kauf von den Kindern eine notarielle Verkaufsvollmacht einräumen lassen, damit ein zwar nicht geplanter, aber aus wirtschaftlichen Gründen möglicherweise notwendiger Verkauf der Immobilie nicht von den Kindern blockiert werden kann. Das lebenslange Wohnrecht zugunsten der Eltern kann nicht gepfändet werden.

„Vollmacht nach deutschem Recht“

Um auch nach dem Tod des Erblassers weiterhin Handlungsspielraum zu haben, sollte in Erwägung gezogen werden, eine deutsche Vollmacht auf den Namen der Erben zu erstellen. Diese sollte die Klausel „Vollmacht über den Tod hinaus nach deutschem Recht“ enthalten. Da das spanische Recht diese Form der Vollmacht nicht kennt, muss diese vor einem deutschen Notar erstellt, mit einer Apostille versehen und ins Spanische übersetzt, werden. Spanische Vollmachten erlöschen automatisch mit dem Tod des Vollmachtgebers.

Fordern Sie zu viel gezahlte Steuern zurück!

Sollten Sie in den vergangenen vier Jahren eine Erbschaft oder Schenkung in Spanien vorgenommen haben, so ist es zu empfehlen, dass Sie Ihren spanischen Steuerberater beauftragen, anhand des Urteils des europäischen Gerichtshofs vom 03.09.2014 (EuGH Sache C-27/012) eine Klage auf Rückzahlung der gezahlten Erbschafts- oder Schenkungssteuer beim Finanzamt einzureichen. Hierfür sind dem Rückerstattungsantrag alle Dokumente beizulegen, die auch bei der Erbschaftsannahme eingereicht wurden, zusammen mit dem gezahlten Erbschaftssteuerbescheid. Das spanische Finanzamt hat sechs Monate Zeit die Erbschaftssteuer zurückzuerstatten. Sollte die Rückzahlung nicht in diesem Zeitraum erfolgen, hat Ihr Steuerberater beim Finanzamt nachzuhaken, warum die Rückzahlung nicht zeitgemäß erfolgte. Sollte diese Verzögerung dem Finanzamt angelastet werden, hat das Finanzamt Verzugszinsen zu zahlen. Diese Rückzahlungsfrist von sechs Monaten findet bei allen Steuerrückzahlungen in Spanien Anwendung.