In Zeiten von Corona denken viele von uns an ihren nächsten Arztbesuch oder gar einen Klinikaufenthalt. Wer in Deutschland privat versichert ist, wird dabei zumindest finanziell meist keine Sorgen haben. Schwierig wird es aber nicht selten bei Residenten, die in Deutschland oder Spanien gesetzlich versichert sind – vor allem dann, wenn sie auf der Insel einen deutschen oder spanischen Privatarzt wählen.
Denn in Spanien gibt es keine Gebührenordnung, die den privaten Kliniken und Ärzten Grenzen für ihre Honorare setzt. Nicht immer wird die deutsche Kasse im Nachhinein für einen Teil der Kosten aufkommen.
Deshalb ist es wichtig, die Regeln zu kennen, solange der Arzt noch nicht gebraucht wird, damit man sich im Krankheitsfall richtig verhalten und viel Geld und Ärger sparen kann. Dr. Rainer Fuchs hat aus seinem Buch „Sorgenfrei leben unter Spaniens Sonne“ einige typische „Fallbeispiele“ zusammengestellt. Sie sollen eine erste Orientierungshilfe bieten, um sich in dem „Dickicht“ der Krankenversorgung besser zurecht zu finden.
Die teure Privatklinik
Peter S. aus Hannover ist Rentner und lebt seit Jahren den Sommer über auf Mallorca. Er ist sehr sportlich, eigentlich war er nie krank. Als er bemerkt, dass er beim morgendlichen Jogging auf der Strandpromenade mit seinen Freunden nicht mehr mithalten kann, begibt er sich in eine deutsche Herzklinik in Palma. Diese setzt ihm sehr fachgerecht einen Stent ein. Er fühlt sich bald wieder fit – bis die Rechnung über 8.500 Euro ins Haus flattert. Seine deutsche Krankenkasse weigert sich, die Kosten zu übernehmen – zu Recht?
Antwort: Die Kosten einer privaten stationären Behandlung in Spanien werden nur übernommen, wenn seine deutsche gesetzliche Krankenkasse vorher zugestimmt hat! Peter S. ist jetzt auf die Kulanz seiner Kasse angewiesen, damit er vielleicht trotzdem einen Teil seiner Kosten erstattet bekommt.
Operation in Deutschland oder in Spanien?
Hans M., Rentner aus Bremen, lebt seit zehn Jahren in einem Apartment in Port d’Andratx. Seit einiger Zeit plagen ihn zunehmend Hüftschmerzen. Ein befreundeter Arzt hat ihm deutlich gemacht, dass kein Weg an einer künstlichen Hüfte vorbeiführt. Was soll er tun?
Antwort: Wenn sich Hans M. als Dauerresident mit dem „Formular S 1“ im spanischen Gesundheitszentrum angemeldet hat und eine spanische SIP- Karte (Tarjeta Sanitaria) besitzt, kann er sich in ein öffentliches spanisches Krankenhaus einweisen und dort behandeln lassen. Allerdings wird er voraussichtlich erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Da er aber auch die deutsche Gesundheitskarte besitzt, kann er zur Behandlung nach Deutschland fahren.
Kann er als Dauerresident auf Kosten seiner Krankenkasse in eine Privatklinik in Spanien gehen?
Antwort: Nein!
Er besitzt die spanische SIP-Karte (Tarjeta Sanitaria) und ist wie ein Spanier in Spanien zu behandeln. Die spanische Krankenversicherung übernimmt nicht die Kosten einer privaten Behandlung.
Kann er als (Langzeit-)Tourist in eine Privatklinik in Spanien gehen?
Antwort: In der Regel: Nein!
Lebt er in Spanien als „Langzeittourist“, hat er also noch seinen Lebensmittelpunkt und Wohnsitz in Deutschland, muss er grundsätzlich für eine solche Behandlung nach Deutschland zurückkehren, da er dann in Spanien nur sofort notwendige Behandlungen als „Aushilfsleistungen“ erhält. Für die stationäre Behandlung in einer privaten Klinik in Spanien benötigt Hans M. die vorherige Zustimmung seiner deutschen gesetzlichen Krankenkasse (§ 13 Absatz 5 SGB V). Diese Genehmigung wird nicht ohne Weiteres erteilt, solange die Behandlung auch in Deutschland noch rechtzeitig möglich wäre. Wird sie erteilt, muss der Tourist in Vorleistung der Kosten gehen. Später erhält er nur den Teil der Kosten von seiner Krankenkasse erstattet, der auch in Deutschland entstanden wäre, abzüglich einer Verwaltungskostenpauschale.
Wie wäre es bei einer ambulanten Behandlung als Tourist beim Privatarzt?
Antwort: Kein Problem – er wird aber in Vorkasse gehen müssen.
Allerdings zahlt seine deutsche gesetzliche Krankenkasse auch hier nur den Betrag, den sie auch in Deutschland gezahlt hätte. Das kann ohne vorherige Abklärung problematisch sein.
Wie wäre es, wenn er als Tourist/Langzeittourist in einer staatlichen Klinik die Hüfte operieren lassen will?
Antwort: Dazu benötigt er die Genehmigung der deutschen Kasse auf dem Formular E 112 oder S 2. Sie wird ebenfalls nur erteilt, wenn in Deutschland die Behandlung nicht rechtzeitig erfolgen kann (Artikel 20 Absatz 2 Verordnung 883/2004). Hier haben die Kassen aber ein weites Ermessen und können die Genehmigung erteilen, wenn sie dies für sinnvoll halten, etwa aus Kostengründen.
Was sind private Krankenversicherungen in Spanien wert?
Sandra B. ist 69 Jahre alt und verbringt ihren Lebensabend gemeinsam mit ihrem spanischen Partner in der Nähe von Sóller. Sie fühlt sich auf der Insel zu Hause, so dass sie vor zwei Jahren alle Verbindungen nach Deutschland abgebrochen und auch ihre gesetzliche Krankenversicherung gekündigt hat. Sie hat für nur 76,00 Euro monatlich eine spanische Privatversicherung abgeschlossen. Als bei ihr Altersdiabetes festgestellt wird, verweigert diese Privatversicherung die Kostenübernahme der dadurch nötig gewordenen Dauerbehandlung, weil chronische Krankheiten nach dem Vertrag ausgeschlossen sind. Was kann sie tun?
Antwort: Sehr wenig! Leider sind solche Fälle gar nicht so selten. Die preiswerten spanischen Privatversicherungen bieten keinen Vollschutz. Bei ernsten Krankheiten besteht dann oft gar keine Versicherung! Frau B. wird voraussichtlich auch nicht in die deutsche gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren können. Möglicherweise kann sie aber dem spanischen staatlichen Gesundheitsdienst beitreten, wenn sie eine Nebenbeschäftigung aufnimmt oder wenn sie mittellos wird.
Zahnsanierung in Spanien?
Felix F. aus Köln lebt seit zwei Jahren in seinem Haus auf Ibiza. Er ist in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert und hat keine spanische SIP-Karte (Tarjeta Sanitaria) beantragt. Sein deutscher Zahnarzt auf der Insel rät ihm dringend zu einer Sanierung seiner Zähne und macht ihm einen Kostenvorschlag über 5.645,- Euro. Wird seine deutsche gesetzliche Krankenkasse die Kosten übernehmen?
Antwort: Die Kasse wird dann den Anteil der Kosten tragen, den sie in Deutschland gezahlt hätte, wenn Herr F. ihr vorher einen Heil- und Kostenplan zur Genehmigung vorgelegt hat – und sie diese Genehmigung erteilt. Das kann sie, sie muss es aber nicht!
Demgegenüber wäre die deutsche Krankenkasse verpflichtet, ihren deutschen Kostenanteil an einer gewöhnlichen (Zahn-)Arztbehandlung zu übernehmen, wenn die Behandlung ambulant ist oder keinen Heil- und Kostenplan erfordert. Hätte er die spanische SIP-Karte (Tarjeta Sanitaria) als Dauerresident beantragt (was er eigentlich müsste), könnte er in keinem Fall mit einer teilweisen Kostenerstattung seiner deutschen Krankenkasse rechnen.
Wer zahlt für den Rücktransport nach Deutschland?
Luise F. aus dem Saarland, die seit fünf Jahren auf der Insel lebt, hat nach einem Sturz in ihrem Haus einen Oberschenkelhalsbruch erlitten. Der Bruch heilt sehr schlecht, und sie muss voraussichtlich noch längere Zeit im Krankenhaus bleiben. Sie möchte nunmehr in ein deutsches Krankenhaus verlegt werden, wo sich ihre Kinder um sie kümmern können. Wer kommt für die Transportkosten auf?
Antwort: Niemand! Deshalb ist es sehr wichtig, für diesen Fall eine besondere private Versicherung abzuschließen.
Achtung: Die übliche private Reisekrankenversicherung genügt meist nicht, weil sie nur wenige Monate dauernde Reisen abdeckt.
Der Verkehrsunfall
Familie Z. aus Berlin besitzt ein Ferienhaus in der Nähe von Manacor. Bei einer Autofahrt kommt ihr Fahrzeug von der nassen Fahrbahn ab und prallt gegen einen Baum. Als sie aufwachen, liegen sie mit zahlreichen Verletzungen in einer privaten Klinik. Herr Z. soll einen Kostenvorschuss von 5.000 Euro auf die zu erwartenden Krankenhauskosten zahlen. Muss er das?
Antwort: Das ist tatsächlich schon vorgekommen; häufiger ist es so, dass nach Unfällen aus freiem Willen eine private Klinik aufgesucht wird. Diese Fälle sind stets schwierig zu lösen. Nötig sind intensive Verhandlungen mit Ihrer gesetzlichen Krankenversicherung. Bisher wurde immer noch eine halbwegs befriedigende Lösung gefunden. Wenn die Familie so bald wie möglich in eine staatliche Klinik wechselt, wird sich die deutsche gesetzliche Kasse in der Regel nicht gegen eine zumindest teilweise Kostenübernahme sträuben. Auf jeden Fall ist eine Zusatzversicherung angeraten.
Was gilt beim Privatarzt?
Hans H. aus Kassel besitzt ein Apartment in Palmanova, das er zweimal im Jahr für einige Wochen selbst nutzt. Bei einem dieser Ferienaufenthalte hat er plötzlich Schmerzen in der Brust. Auf Anraten von Freunden geht er zu einem deutschen Privatarzt. Glücklicherweise rührten die Schmerzen nicht vom Herzen her, sondern von der Speiseröhre. Der Arzt verschreibt ihm ein teures Magenpräparat und schickt eine hohe Rechnung. Muss Herr H. nun alles aus eigener Tasche bezahlen?
Antwort: Eigentlich hätte Herr H. in ein spanisches Gesundheitszentrum oder in die Notaufnahme einer spanischen Klinik gehen können. Dann wäre er mit der deutschen Gesundheitskarte seiner gesetzlichen Krankenversicherung, die auf der Rückseite zugleich die Europäische Krankenversicherungskarte ist, kostenlos behandelt worden. Weil Herr H. kein Dauerresident ist, wird seine deutsche Kasse aber bei der ambulanten Behandlung den Anteil an den Arztkosten übernehmen, den sie auch in Deutschland gezahlt hätte, abzüglich einer Kostenpauschale, die je nach Kasse verschieden ist.
Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten zahlen Deutsche mit Lebensmittelpunkt in Deutschland in Spanien 50 Prozent des Verkaufspreises; für Rentner gelten Vergünstigungen. Werden die Medikamente in der Apotheke privat eingekauft, wird die deutsche Kasse ihren Anteil übernehmen.
Wie ist es bei einer Dialysebehandlung?
Ludmilla S. aus Sachsen-Anhalt trägt sich mit dem Gedanken, ein Apartment in Palma zu erwerben. Allerdings benötigt sie regelmäßig eine Dialyse und ist sich nicht sicher, ob diese auch in Spanien möglich ist.
Antwort: Grundsätzlich können sich chronisch Kranke mit der deutschen Gesundheitskarte, die ja zugleich Europäische Krankenversicherungskarte ist, auch in Spanien kostenlos so behandeln lassen, wie es medizinisch erforderlich ist. Eine vorherige Genehmigung der deutschen Krankenkasse ist eigentlich nicht erforderlich. Bei Behandlungen, die spezielles Fachpersonal erfordern, wie Dialyse, Sauerstofftherapie, Chemotherapie usw. sollte gleichwohl zuvor die Zustimmung der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung eingeholt werden. Meist wird eine befriedigende Lösung gefunden.
Wenn Frau S. Dauerresident wird und eine spanische Gesundheitskarte erhält, ist das nicht mehr nötig. In jedem Fall sollte sich Frau S. aber informieren, ob in der Nähe ihres vorgesehenen Wohnortes eine Dialyse angeboten wird.
Ein wichtiger Tipp zum Schluss:
• Fragen zur deutschen gesetzlichen Krankenversicherung beantwortet das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit kompetent.
Telefon: 0049 (0)30 340 60 66 – 01
• Fragen zur deutschen gesetzlichen Krankenversicherung in Spanien beantwortet die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA)!
Telefon: 0049 (0)228 95 30 – 0
Näheres zu diesen und anderen wichtigen Fragen sowie vieles mehr finden Sie in dem Ratgeber von Dr. Rainer Fuchs „Sorgenfrei leben unter Spaniens Sonne, Experten-Ratgeber für Deutsche in Spanien“, 3. Auflage 2019, ISBN 9 783000 629211, erhältlich für 24,90 Euro im Buchhandel und bei Amazon.de.
Der Autor:
Dr. Rainer Fuchs war viele Jahre als Sozialattché an der Deutschen Botschaft in Madrid tätig.