Mallorcas arabische Seele

Rund 300 Jahre regierten die Mauren auf Mallorca (902-1229). Eines der letzten Zeugnisse davon sind die „Gärten von Alfabia“ bei Bunyola: Park, Garten, Landhaus, Museum in einem. Und im Sommer sogar kulinarisch interessant.

Es gurgelt, plätschert, blubbert, wispert, sprudelt. Wasser spielt in diesem Dschungel nach Plan eine große Rolle. Die Araber waren es, die ihn einst im 12. Jahrhundert mit ausgeklügelten Bewässerungssystemen angelegt haben. Dabei nutzten die maurischen Designer geschickt das Gefälle auf dem rund 100 Quadratmeter großen Gelände mit dem hohen Grundwasserspiegel. Trotz zahlreicher Veränderungen im Verlauf der Jahrhunderte sind heute noch Teile davon erhalten: Kanäle, Rinnen, Tunnel, Kaskaden, Wasserbecken. Sie alle werden aus einer stetig sprudelnden Quelle aus den umliegenden Bergen der Tramuntana Nachschub gespeist. Seit 800 Jahren. In diesen Breitengraden ein unbezahlbarer Schatz. Denn so kann sie gedeihen, die „Oase Immergrün“. Ohne dieses Wasser wären die Gärten nur halb so verwunschen. Es ist überlebenswichtig und gebärdet sich mitunter geradezu übermütig.

 

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Springbrunnen mit glitzernden Fontänen

Da sind zum Beispiel 48 Wasserspeier, die eine Pergola säumen und sich Spielchen mit den Besuchern erlauben. Per Knopfdruck nämlich sprüht’s von beiden Seiten, auf dass das Wasser einen schillernden Tunnel bildet. Eine ganze Minute lang. Der Spaß ist nicht nur einmal zur unerwarteten Dusche für Flaneure geraten, die ahnungslos hindurchgeschlendert sind … Seit Anfang des 18. Jahrhunderts geht das schon so. In Teichen in der Nähe gedeihen Seerosen. Daneben wiegt sich Papyrus im Wind. Efeu wirft sich üppig über Mauern. Rosen blühen um die Wette. Glyzinien verwandeln Treppen in einen blau-violetten Traum. Und die Iris reckt ihr gelb-lila Köpfchen stolz dem Himmel entgegen. Schlingpflanzen umarmen Bäume. Buschiger Lavendel versprüht seinen Duft. Für die Bougainvillea gibt es kein Halten mehr. Durch Baumkronen blitzt das Sonnenlicht.

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Wie in einem Botanikum

Es ist ein Spiel mit Licht und Schatten, mit Sichtachsen und geschützten Plätzen, eine gekonnte Mischung aus einheimischen Arten und botanischen Besonderheiten. Das Who-is-Who der Pflanzen liest sich denn auch wie der Katalog eines Botanikums: Steineichen, Mandel-, Orangen-, Zitronen-, Kaki-, Johannisbrot-, Feigenbäume stehen neben riesengroßen Zedern, Zypressen, Weißtannen, Schwarzpappeln. Es gibt Zürgelbäume, Ahorn, Magnolien, die Echte Walnuss, Aleppo- und Kanarische Kiefern neben Morgenländischen Lebensbäumen, Spanischer Tanne, Stachel bewehrten Florettseiden- und Akazien-, Eukalytusbäumen. Und nicht zu vergessen die Pinien, Platanen oder der aus China stammende Palisander … Fehlen noch die verschiedenen Palmenarten: Dattelpalme, Forstersche Kentia, Washingtonia zum Beispiel.

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Dazwischen stolziert ein Pfau

Zeit für eine Pause in der Gartenbar, für einen frisch gepressten Orangensaft. Frösche quaken, Vögel zwitschern, von den Feldern nebenan bimmeln die Glocken von Schafen. Die Alfabia-Gärten harmonieren mit der Natur, sind mit ihr, so scheint es, vernetzt. Heute wie früher. Denn bereits Mitte des 19. Jahrhunderts vermerkte der Chronist von Spaniens Königin Isabel II., die die Gärten damals besuchte: „Die malerisch sich erstreckende Bergkette von Alfabia (…) überrascht einen noch mehr, wenn man das Gebäude im Hintergrund lässt und sich die ganze Schönheit der Natur zeigt. Es hat den Anschein, als verschmelze die Natur mit der Kunst. Man weiß nicht, wo die Gärten aufhören und das Gebirge anfängt. So gehen sie ineinander über.“

 

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Privatgarten als Kulturdenkmal

„Alfabia wurde im Laufe seiner jahrhundertealten Geschichte nie verkauft, sondern ausschließlich vererbt, bis es sich eines Tages in unserer Familie befand“, erzählt Cristina Zaforteza. Und diese Zafortezas haben ihre Gärten, die sowohl als „Kulturdenkmal“ als auch als „Kunsthistorischer Garten“ gelten – für das Publikum geöffnet.  Im Sommer werden die Gärten gar zum kulinarischen Spot im Rahmen von Espai Micro. An verschiedenen Stellen, zum Beispiel in der alten Ölmühle, werden Tapas-Stationen für den Genuss der kleinen Häppchen aufgebaut. Dazu gibt’s Theater, Tanz, Zauberei, Clowns ebenfalls häppchenweise. Spätestens dann könnte das Motto sein: ab ins Grüne!

 

Jardines de Alfabia
Ctra. de Sóller, km 17, Bunyola,
www.jardinesdealfabia.com

Fotos: Rüdiger Eichhorn