Es ist schon ein besonderes Frühstück. Und das liegt nicht nur daran, dass der Kaffee ganz zum Schluss serviert wird. Oder dass es zehn Gänge hat. Oder es zu einem der besten der Welt gekürt worden ist. Es liegt auch daran, dass der Platz direkt am Meer so einzigartig ist und dass es so herrlich mallorquinisch ist. Obwohl die Mallorquiner ja nicht gerade die großen Frühstücker sind, wenn man mal vom Café con leche absieht, der bestenfalls von einem Croissant oder der berühmten Ensaimada mit Schweineschmalz begleitet wird.
Famoses Morgenmahl
Jedenfalls ist dieses Frühstück im Fünf-Sterne-Hotel Maricel am Stadtrand von Mallorcas Hauptstadt Palma eine Show für sich. Ein fast dreistündiges Spektakel, das eher den Namen Brunch verdient. „Genuss braucht Zeit“, sagt Kellner Juan Pedro Frau wissend – und begleitet uns an unseren Tisch auf der Terrasse des herrschaftlichen Gebäudes.
Zweimal bereits wurde das „Desayuno Maricel“ beim Gastronomie-Gipfel Madrid Fusión als „Bestes Frühstück der Welt“ ausgezeichnet. Und selbst wenn solche Superlative stets mit Vorsicht zu genießen sind – ein Frühstücks-Champion ist das Maricel, das zur spanischen Hospes-Hotelgruppe gehört, allemal. „Haben Sie Appetit mitgebracht?“, fragt Juan Pedro. „Jede Menge“, lautet die Antwort. „Sehr gute Einstellung“, sagt er. Und es geht los.
Detox zum Start
Den Auftakt macht ein Trio aus drei Smoothies. Eine kleine Schiefertafel verheißt, wozu die Säfte gut sein sollen. Von entgiftend bis belebend reicht die Palette. Kann ja nie schaden. Der Mix ist mal fruchtig-erfrischend aus grünem Apfel, Karotten und Ingwer, mal süßlich-marmeladig aus roter Bete, Mango und Banane. Dann wieder cremig-würzig aus griechischem Joghurt, Kurkuma und Datteln. Ziemlich lecker, diese drei Vitaminbomben bei besten Aussichten auf das Mittelmeer, den Königspalast Marivent und den Mini-Sandstrand Bugambilia gleich nebenan.
Da kommt schon das Nächste auf den Tisch: ein Frucht-Arrangement mit Erdbeeren, Brombeeren, Melone, Ananas, Blaubeeren, Weintrauben, begleitet von einem Erdbeerschaum und einem Tupfer Passionsfruchtcreme. Für den herzhaften Touch sorgt eine kugelrunde Tunfischkrokette, die allerdings ein wenig fest und etwas salzig ist.
Explosive Süßigkeiten
In einem Glasschälchen präsentiert Chefkoch Rafael Sánchez, der einst im Fünf-Sterne-Haus Mardavall in Costa d’en Blanes am Herd stand, dann einen Foie-gras-Joghurt, dem Mango in verschiedenen Texturen Gesellschaft leistet. Das Obst wird knusprig in Spalten getrocknet und „osmotisiert“ in Würfeln gereicht. Letzteres ist eine Spielerei, bei der der Frucht mittels Zucker Wasser entzogen wird, auf dass sie wie kandiert schmeckt.
Gang vier besteht aus einem Kuchen mit Grand-Marnier-Likör, der mit Karamell, Schoko-Eis und kleinen Knuspersteinchen serviert wird. Diese Steinchen haben es in sich: Sie explodieren im Mund und knistern anschließend sekundenlang im Ohr. Ein witziger Effekt, den jeder Spanier von einer Süßigkeit aus seiner Kindheit kennt, den „Peta Setas“. Schließlich „zischeln“ sie genau so. Sie dienten Sánchez bei dieser Kreation denn auch als Vorbild.
Schon steht Juan Pedro wieder mit Tellern parat. Oder vielmehr mit einer Kachel, die an mallorquinische Bodenfliesen erinnert. Darauf: ein Käse-Quark-Teilchen namens Broxat, typisch für die balearischen Inseln. Dabei kam der bekannte Queso de Mahón, der Käse aus Menorca, zum Einsatz. Besonders raffiniert dazu sind die Würfel aus marinierter Forelle, das Aprikosen-Pistazien-Brot und die „Kaviar“-Kügelchen aus roten und gelben Früchten. Was für eine Kombination! Der Sommerwind streicht gerade leicht sanft über die Haut, als man sich genüßlich zurücklehnt – da nahen Garnelen in einer kleinen, schwarzen gusseisernen Kasserolle. Die Meeresfrüchte lassen sich von einem Kokossüppchen mit Kaffernlimette umschmeicheln, die für das Zitrusaroma sorgen. Dazu gibt’s frische Kokosnuss-Spalten.
Prickelnde Leidenschaft
Zeit für etwas Spritziges. Sekt tänzelt im Glas. Dazu reicht Juan Pedro als Zwischengang die „Pasión por el cava“, die Leidenschaft für’s Pricklende. Und die geht so: Ein Gelee aus Rosé-Cava bildet in einer Art metallenem Cocktailglas die Basis, über der sich ein Passionsfrucht-Schaum entfaltet, der wiederum von Himbeerstückchen gekrönt ist.
Jetzt wird es richtig mallorquinisch: Juan Pedro steht mit einem konfierten Spanferkel samt Kruste da, dem eine Creme aus der typischen Inselblutwurst Botifarró Gesellschaft leistet. Das Fleisch zergeht auf der Zunge, die Schwarte ist kross, die Sauce geschmeidig. Ein gelungenes Spiel mit Texturen und Aromen. Ohnehin sind alle Gerichte bis ins Detail komponiert und liebevoll arrangiert. Frische, essbare Blüten und Kräuter sorgen für Farbkleckse und Sommergefühle. Da erkennt man den Perfektionisten Rafael „Rafa“ Sánchez, der seit Sommer 2018 im Maricel tätig ist.
Gebäck nach Großmutters Art
Den süßen Abschluss bildet ein Schoko-Frucht-Dessert mit Physalis zusammen mit einem Gebäck-Ensemble aus mallorquinischen Spezialitäten. Da ist ein Stück Gató, Mandelkuchen, ebenso dabei wie Crespells und Rubiols, Teigwaren, die es besonders Ostern als besondere Delikatesse gibt. Nicht zu vergessen die Carquiñols, getrocknetes Mandelgebäck, das neben gerösteten Mandeln ebenfalls mit von der Partie ist. Zu guter Letzt kommt noch der Kaffee auf das edle Tischleinen. Was für ein Frühstück!
Wie man sich danach fühlt? Wohlig gesättigt und doch angenehm leicht. Schließlich sind alle Gerichte Mini-Portionen. Ein letzter Blick auf das Meer. Juan Pedro eilt herbei, drückt uns zum Abschied die Hand. „Ich erwarte Euch in 30 Minuten zum Mittagessen“, sagt er schmunzelnd. Nach zehn Gängen und fast drei Stunden winken wir lachend ab. Obwohl, wenn man es sich so recht überlegt, möchte man eigentlich so schnell wie möglich wiederkommen …
Informationen:
Das Frühstück wird von Montag bis Sonntag serviert. Preis: 49 Euro/Pers., inkl. Wasser, ein Glas Sekt und Kaffee. Voranmeldung notwendig. +34 971 70 77 44.
www.hospes.com/maricel-spa/
Fotos: Kirsten Lehmkuhl, Hospes Maricel Mallorca & Spa (1)